Anfrage mit Antwort - Einsatz der Bundeswehr in Emden bei Bekämpfung der Corona-Pandemie

FDP Fraktion

Erich Bolinius

Fraktionsvorsitzender

 

Emden, den 3.6.21

 

An den Vorstand der Stadt Emden

z. Hd. Herrn Oberbürgermeister Tim Kruithoff

 

Einsatz der Bundeswehr in Emden bei Bekämpfung der Corona-Pandemie

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister, lieber Tim,

von Herrn Verlee (CDU-Fraktion) wird immer wieder gefordert, sowohl in einer Whatsappgruppe als auch gestern wieder im NDR (siehe den untenstehenden Bericht von gestern 21.39 Uhr), die Bundeswehr bei der Nachverfolgung der Infektionen in Emden einzusetzen.

Ich möchte betonen, dass meine Fraktion den Einsatz der Bundeswehr in dieser Situation für völlig unangebracht hält.

Dennoch, weil immer wieder diese Forderung gestellt wird, frage hiermit namens meiner Fraktion offiziell an, ist die Umsetzung dieser Forderung aus Sicht der Stadt möglich, notwendig und sinnvoll?

Wenn ja, was spricht dafür und wenn nicht, was spricht dagegen?

Gerne hätte ich eine zeitnahe Beantwortung.

Mit hartelk Gröten

Erich Bolinius

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NDR: Corona: Emden hat bundesweit die zweithöchste Inzidenz

Stand: 02.06.2021 21:39 Uhr

Die Inzidenz in Emden ist am Mittwoch auf 138,2 gestiegen. An den drei Tagen zuvor lag der Wert bei 112. Die Stadt sieht die Ursache in drei größeren Ausbruchsgeschehen.

Die Stadt führt das Infektionsgeschehen hauptsächlich auf drei sogenannte Cluster zurück. Insgesamt seien allein diese drei Ausbruchsgeschehen für mehr als die Hälfte aller Infektionen in der aktuellen Sieben-Tage-Inzidenz verantwortlich, so die Stadt.

Ausbruch in Pflegeeinrichtung

Zum einen gebe es mehrere Fälle von in Emden lebenden und bei einer größeren Firma außerhalb der Stadt arbeitenden Personen, die täglich in Fahrgemeinschaften zur Arbeit pendelten, so die Stadt. Seit Anfang Mai sind 27 Infektionen von Mitarbeitenden und 15 Co-Infektionen von Familienmitgliedern und im Familienumfeld bekannt geworden. Zudem seien aus einer Pflegeeinrichtung mehrere Infektionen gemeldet worden. Bei einer erneuten Reihentestung seien fünf weitere Infektionen von überwiegend geimpften Bewohnerinnen hinzugekommen.

Mehrere Infektionen in örtlichem Betrieb

Außerdem gebe es mehrere Infektionen in Verbindung mit einem örtlichen Betrieb. Hier seien acht Personen, insbesondere im familiären Umfeld, infiziert. Auch eine zweite Familie mit mehreren Kindern sei betroffen. „Insbesondere dieses dritte Cluster macht uns Sorgen, da erhebliche Auswirkungen auf Kitas, Schulen und gegebenenfalls weitere Infektionen in der zweiten Familie zu erwarten sind“, hieß es am Mittwoch vonseiten der Stadt.

OB: Emden hat Situation im Griff

Um die Zahl der Neuinfektionen in den Griff zu bekommen, fordert die CDU, die Bundeswehr zu Hilfe zu holen. Oberbürgermeister Tim Kruithoff (parteilos) sagt dagegen, dass man die Lage im Griff habe, sehr viel teste und alle Kontakte nachverfolgen könne. Dennoch sei es denkbar, dass die Inzidenz auch weiterhin hoch bleibe. So wie in Delmenhorst, wo die Inzidenz im vergangenen Herbst sehr hoch war und es Wochen dauerte, bis sie wieder sank. „Ich verstehe, dass die Geduld der Menschen nach fast 1,5 Jahren Pandemie endlich ist“, sagte Kruithoff. Er versicherte: Es werde alles dafür getan, dass sich die Situation auch in Emden bald entspannt.

Landesgesundheitsamt lobt Vorgehen der Stadt

Nach Angaben des Niedersächsischen Landesgesundheitsamts (NLGA) gibt es seit Beginn der Pandemie vielerorts immer wieder regionale Ausbrüche. Emden sei bislang gut gefahren. Vor allem die geringe Einwohnerzahl spiele bei den hohen Zahlen nun eine Rolle. Einzelne Ausbrüche wirkten sich so stärker auf den Inzidenzwert aus, sagte ein NLGA-Sprecher. Insgesamt lobte das Landesgesundheitsamt das Vorgehen und die Kommunikation der Stadt.

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Antwort des Oberbürgermeisters:

Ihre Anfrage: Sinnhaftigkeit des Einsatzes der Bundeswehr

Moin, sehr geehrter Herr Bolinius,

zu Ihrer Anfrage vom heutigen Tage nehme ich gerne wie folgt Stellung:

An die Anforderung der Bundeswehr zur Unterstützung sind recht hohe Hürden geknüpft. Auch der Aufgabenbereich der Bundeswehr ist begrenzt. Die Verwaltung der Stadt Emden wäre gleichwohl zu jeder Zeit bereit, die Bundeswehr um Amtshilfe zu bitten, wenn dieses notwendig oder sinnvoll wäre. Dies war zwischenzeitlich im Rahmen der verpflichtenden internen Testungen in Altenwohneinrichtungen auf Wunsch der Betreiber der Fall. Diese Betriebe sind zwischenzeitlich so organisiert, dass es dieser Unterstützung nicht mehr bedarf.

Ich verstehe, dass man aufgrund der aktuellen Lage gerne „Aktivität“ beweisen möchte und daher auch nach Vorschlägen sucht. Gleichwohl ist das ständige öffentliche Suggerieren, die Stadt Emden bräuchte Hilfe von außen und ist damit im Umkehrschluss eigenständig nicht in der Lage, das Infektionsgeschehen aus eigener Kraft zu managen, derzeit nicht hilfreich. Es ist meinen hochengagierten Mitarbeiter*innen auch nicht wertschätzend gegenüber und fachlich nicht sinnvoll. Die Verwaltung ist in der Lage, die Kontakte aus eigenen Kraft schnell und konsequent nachzuverfolgen und Maßnahmen über RKI-Standard einzuleiten. Das Niedersächsische Landesgesundheitsamt hat gestern nochmals öffentlich das Vorgehen und die Kommunikation in dieser Pandemie gelobt.

Zum aktuellen Infektionsgeschehen habe ich in den vergangenen Tagen mehrfach den Fraktionsvorsitzenden gegenüber und auch öffentlich Stellung genommen. Ohne zu relativieren oder zu verharmlosen möchte ich gleichwohl nochmals darauf hinweisen, dass die Strukturen unserer Stadt ins Verhältnis zu setzen sind. Als kleine kreisfreie Stadt glättet sich ein größeres Infektionscluster in der Inzidenzzahl nicht so, wie das in einem großen Landkreis der Fall wäre. Verschärft wird dieses insbesondere, weil die Form der Bebauung auch eine ganz andere ist: Ansteckungsgefahr im Mehrfamilienhaus versus Einfamilienhaus. Die ersten drei Kreise/Städte in der RKI-Statistik gehören, bezogen auf die Einwohnerzahl, zu den dreißig kleinsten Landkreisen in Deutschland. Betrachtet man am 30. Mai 2021 nicht nur die ersten drei Plätze, sondern die deutsche Inzidenz-Top-10, wird dies noch deutlicher. Weiter liegen aktuell zwischen unserer Inzidenz heute (128,2) und unserer Inzidenz am 31. Januar 2021 als wir Letztplatzierter waren (12,0), „lediglich“ 56 Fälle in 7 Tagen.

Vorsichtig optimistisch gehen wir aufgrund der aktuellen Vorzeichen (Anzahl offener Test, aktuelles Infektionsgeschehen heute etc.) davon aus, dass die Inzidenz sich in den nächsten Tagen reduzieren wird.

Ich hoffe, dass ich mit meiner erneuten Erklärung dazu beigetragen habe, dass dieses Thema abschließend beantwortet ist. Die Emder*innen können sich darauf verlassen, dass wir der Pandemie nach wie vor bestmöglich begegnen und Hilfe anfordern würden, wenn diese notwendig wäre.

Freundliche Grüße

gez. Tim Kruithoff
Oberbürgermeister