Pressebericht der OZ vom 8. Juli 2020 zum Thema Bestattungwald

Warum der Stadtwald für Bestattungen geeignet wäre

Mona Hanssen

Tod Grundsätzlich könnten dort Menschen ihre letzte Ruhe finden, allerdings muss die Stadt investieren

Emden - Waldbestattungen liegen im Trend. In der Stadt Emden gibt es aber nur einen Wald – und der sei für den Nutzen ungeeignet, sagte Stadtbaurat Andreas Docter kürzlich in einem Ausschuss des Bau- und Entsorgungsbetriebs Emden (BEE). Stattdessen sollen voraussichtlich bis Ende des Jahres Baumbestattungen auf dem Stadtfriedhof Tholenswehr möglich werden. Die FDP-Fraktion, die das Thema mit einem Antrag weiter vorangetrieben hatte, beharrt aber auf dem Stadtwald. „Dass unter alten Bäumen in Tholenswehr zukünftig Urnenbestattungen vorgenommen werden können, finde ich positiv“, sagt Fraktionsvorsitzender Erich Bolinius auf OZ-Nachfrage. „Das ist aber nicht das, was wir von der FDP, und auch viele Bürger, mit unserem Antrag erreichen wollen: Eine Bestattung in einem Wald außerhalb eines Friedhofes.“

Der Emder Stadtwald ist vor 20 Jahren angepflanzt worden und erstreckt sich mittlerweile über Emder und Hinteraner Gebiet. Der Boden dort sei zu feucht, die Bäume zu eng gepflanzt und es müsste noch viel Geld in ein Wegenetz investiert werden, so das Urteil von Docter. All das spreche dagegen, dass dort Bestattungen stattfinden könnten. Die Stadt müsste zu viel Geld in das Projekt stecken, während bereits sechs Stadtfriedhöfe unterhalten werden müssten.

Was Bezirksförster dazu sagen

Bezirksförster Uwe Grimm hat vor 20 Jahren den Stadtwald angelegt. „Vom Grundsatz her ist jede Waldfläche für einen Bestattungswald geeignet“, sagt er. Obwohl der Wald forstwirtschaftlich genutzt werde, also auch zur Holzproduktion, gebe es dort eine Vielzahl unterschiedlicher Baumarten und auch schon ältere Bäume. Eiche, Ahorn, Hainbuche, Winterlinden oder Ulmen – wer sich nicht gerade unter einer hundertjährigen Eiche begraben lassen wolle, hätte in Emden ein „buntes Baumspektrum“ zur Auswahl. „Die Ansprüche müssten eben anders sein als bei einem alten Wald“, so Grimm. Dasselbe gelte auch für die Bodenbeschaffenheit. Die Oberflächenent-
wässerung funktioniere gut, aber: „Zu einer Waldbestattung geht man nicht in Halbschuhen.“ Insbesondere im Winter bräuchte es eben festes Schuhwerk. Seiner Einschätzung nach sollte ein Bestattungswald „natürlich belassen“ bleiben. Es komme also darauf an, was die Stadt sich wünsche. Ein Wald mit „parkähnlichem Charakter“ erfordere mehr Arbeit.

Erich Delfs ist derzeit als Bezirksförster zuständig für den Emder Wald. Er habe sich dessen Beschaffenheit auch schon mit Blick auf eine weitere Nutzung angeschaut, sagt er. „Es gibt im Waldstück schöne Ecken“, sagt er. Er wisse aber auch, dass ein Bestattungswald „wahnsinnig viel Arbeit“ verursache. Im Stadtwald seien die Bäume tatsächlich sehr eng gepflanzt, damit sie eher in die Höhe statt in die Breite wachsen. Sein Vorschlag: „Bäume, die ich zur Bestattung nutzen will, können markiert werden, die anderen werden durchgeforstet.“ Ansonsten sehe er schon den Trend, dass Leute sich lieber junge und dünne Bäume als letzte Ruhestätte aussuchen – aus Preisgründen. Und: Obwohl der Wald in Emden noch so jung sei, sei das „Waldgefühl“ dort schon zu spüren, findet er. Bei Waldbestattungen sei es ja insbesondere wichtig, dass Angehörige in Ruhe durch den Wald spazieren und der Verstorbenen gedenken können. Zu bedenken gibt Delfs allerdings den gelegentlichen Hubschrauberlärm über dem Wald. Außerdem müssten wohl noch Parkplätze angelegt werden.

Wie geht es weiter?

Enno Herlyn hat als Generalbevollmächtigter der gräflichen Familie von Wedel auf Schloss Gödens nicht nur ein großes Interesse an einem möglichen Bestattungswald in Aurich, sondern auch in Emden. „Wir würden sehr gerne den Betrieb übernehmen“, macht es Herlyn deutlich. In Leer verwaltet die Familie bereits den dortigen Gedächtniswald. „Wir bekommen sehr gutes Feedback“, sagt er. Mit der FDP-Fraktion stehe er in Kontakt.

Tatsächlich sei für Mitte/Ende August mit Herlyn und Grimm eine Begehung im Wald geplant, teilte Erich Bolinius am Dienstagabend auf Nachfrage mit. „Wenn diese positiv verlaufen sollte, wovon ich ausgehe, werden wir einen neuen Antrag stellen“, so der Fraktionsvorsitzende. Wenn der Emder Stadtwald sich gegen alle Erwartungen nicht eignen sollte, „dann werden wir uns bemühen, eine Bestattungsstätte in der Natur außerhalb der Friedhöfe zu finden“, verspricht er.